Christian  Sackmann 

am 17. Januar 2003 um 3:55 Uhr hat mich meine Mami endlich nach 28 Std. Wehen

im Diakonissenkrankenhaus Karlsruhe auf diese Welt gebracht.

( ich wollte das eigentlich gar nicht, jetzt wird´s wohl nie wieder so schön wie die letzten

     neun Monate bei Mama, na schauen wir mal ! )

 

Ach ja, hier die unglaubliche Geschichte über die kriminelle Entführung von mir gleich nach meiner Geburt !

 

Hallo,

nach paar Tagen Abstand könnte man fast drüber lachen wenn´s net so traurig wär.

was Mama, Papa und ich erleben mussten, das glaubt fast kein Mensch !

am 17.1.03 kam ich, bereits von Mama und Papa freudig erwartet, zur Welt . So weit so gut, aber bereits 7 Minuten nach der Geburt verlief alles absolut unglaublich. Ich war gesund alles klar, doch weit gefehlt. Der verantwortliche Arzt der Nachtschicht fühlt sich in seiner Verantwortung überfordert. Er bestätigt zwar auf Nachfrage dass ich gesund bin und wir uns keine Sorgen zu machen hätten, aber er wäre kein Kinderarzt. Er wirkte zunehmend nervös, meinte, „muss einen Kinderarzt rufen“. Begründung: „Adaptionsschwierigkeiten“ (mit einem Apgarwert von 9 !) (nach Recherche von Papa sind "Adaptionsschwierigkeiten " so der Begriff für „alles und Nichts“ vor allem ist es eine Diagnose Verantwortung weiterzuschieben und leere Betten in der Kinderklinik zu belegen). Der überforderte Arzt ruft den Notarztservice der Kinderklinik Karlsruhe an, welcher auch innerhalb 25 Minuten mit 6 Mann zur Stelle war. Der Not- Kinderarzt der das Kind selbst nicht untersucht erklärt Papa, dass statistisch durch die moderne Medizin weniger Säuglingstode zu beklagen sind als vor 100 Jahren. Ich wurde kurz gecheckt,: „Machen sie sich keine Sorgen, es ist alles in bester Ordnung mit dem Kleinen, wir nehmen ihn nur kurz mit zur Beobachtung und Untersuchung“. Bedenken vom Papa geäußert dass es vielleicht nicht gut ist wenn das Kind nicht bei seiner Mutter sein kann obwohl es ja gesund sei wurden nur belächelt. „Wir wollen doch alle nur das Beste für ihr Kind wie sie ja auch, wenn alles in Ordnung ist kommt das Baby in zwei Stunden zurück zu seiner Mutter!“ o. k. dachten wir und stimmten zu. Mama hat sich erholt nach über 20 Stunden wehen und Papa der ja dabei war, war auch fertig und ist kurz schlafen gegangen. Am selben Tag, Papa ruft an in der Kinderklinik „Ihr Kind ist gesund, machen sie sich keine Sorgen es ist schon nicht mehr auf der Intensivstation!“ Papa: „Intensivstation?“ - „na ja wir hatten kein Platz frei auf der normalen Station, aber jetzt ist er oben auf der Station Kunterbunt und es geht ihm gut“ Papa: „ Na dann können sie ihn ja heute Mittag zurück zu seiner Mama bringen?“ - „nein, nein, wir müssen ihn noch etwas beobachten, dann kommt er zurück in die Klinik zur Mutter !“ Nachmittag 14°°Uhr, Papa fährt zur Kinderklinik mag seinen Jungen sehen. Er liegt auf der normalen Station, im Brutkasten, darum herum drei junge Schwestern die ihn fröhlich beäugen. Die Stationsärztin kommt herein, hallo, gratuliere zu ihrem Sohn. Auf Nachfrage wie es ihm gehe, „ Gut, es ist alles in Ordnung machen sie sich keine Sorgen“. Ich gehe wieder, rufe die Mama an und berichte“ es geht ihm gut, alles in Ordnung, du solltest nun den Wunsch äußern dass du unseren Sohn wieder bei dir haben willst, das wird wohl wirkungsvoller sein als wenn ich hier diesen Wunsch äußere“. Nix passiert. Papa ruft gegen 19°°Uhr bei der Kinderklinik an und möchte den Klinikarzt Prof. Schandera sprechen. Die Sekretärin meldet sich: „Ah Herr Sackmann, sie rufen wegen der Spende an, ich stelle sie gleich durch einen Moment bitte ! “. Ich ganz verwirrt,“ nein, ich wollte Herrn Prof. Schandera pers. sprechen wegen meinem Sohn, er ist heute morgen bei Ihnen eingeliefert worden! “.- „Oh, der Prof. ist sehr beschäftigt, er hat leider keine Zeit, sie können Ihn nicht sprechen, ist unmöglich, wenden Sie sich doch an den Stationsarzt ! “ - „Ich möchte Sie bitten Ihm zu sagen er möge doch meinen Sohn Christian persönlich in Augenschein nehmen und bitte um einen Befund von Ihm, ich bin tel. unter Nr. ..........erreichbar ! Er kann mir seinen Aufwand selbstverständlich gerne berechnen, die Kosten spielen keine Rolle, aber bitte leiten sie dies gleich an Herrn Prof. weiter und legen es nicht beiseite ! “ - „ Was denken Sie denn, bei uns wird nichts beiseite gelegt! “ „ o. k. dann warte ich auf seinen Rückruf“. ( auf den warte ich heute noch) Zur gleichen Zeit: die Stationsärztin und eine Hebamme im Diakonissenkrankenhaus werden mehrmals von Mama angesprochen, man möge doch in der Kinderklinik anrufen um das Kind zurück zu seiner Mutter zu bekommen. Die taten dies auch mehrmals. Antwort:“ ja morgen früh wird er gebracht“. Am nächsten Tag wieder angesprochen wo das Kind bleibt „ ja die Kinderklinik möchte das Kind noch ein paar Tage, ca. 5 Tage zur Beobachtung behalten, es wird ja wohl auch in ihrem Interesse sein.“ Na ja die des Öfteren gestellte Frage ob die Psyche der Mama und des Kindes nicht einen größeren Schaden nehmen könnte als die Fürsorge des Gesundheitszustandes eines gesunden Kindes (mit einem Apgarwert von 9) wurde wie immer belächelt. Nun, hoffnungslos den Göttern in weiß ausgesetzt ruft Mama den Papa an:„ Ich bekomme mein Kind nicht, es ist gesund aber sie wollen ihn nicht zurückbringen“ ! Nachdem sich Papa juristischen Rat eingeholt hatte stimmt er zu den kleinen auf eigene Verantwortung mit Mama abzuholen. Er fährt mit Mama in die Kinderklinik – „Hallo, wir wollen unseren Jungen abholen ! “ „ Ja, haben wir schon erwartet, hallo erst mal und herzlichen Glückwunsch zu ihrem Sohn, es ist alles o. k. machen sie sich keine Sorgen, aber es ist besser wenn wir Ihn noch ca. 5 Tage zur Beobachtung bei uns behalten.! “ „Schön“ sage ich“ (und denke keine Diskussion mit einem Arzt (vergiss nie devot zu sein!)). „Wir dürfen ja bestimmt wieder Ihre Hilfe in Anspruch nehmen wenn wir bedenken bekommen?“ – „ Ja selbstverständlich, und haben sie schon eine Kinderarzt?“ - „ Nein noch nicht, wir werden jetzt erst mal wieder ins Diakonissenkrankenhaus fahren und wenn wir dort entlassen werden schauen wir nach einem Kinderarzt in unserer Nähe“. - „ Ja schön“ nun wird unser Kind von den diversen Kabeln und Schläuchen gelöst und angezogen. Wir nehmen ihn mit, verabschieden uns mussten zu unserer und zur Verwunderung der uns empfangenden Hebamme feststellen, dass wir kein Formular wegen „ Handelns gegen ärztlichen Rat unterschreiben mussten“.( wohl weil wir ins Diakonissen gingen) Dort angekommen war die ganze Station (die ja das Dilemma mitbekommen hatte) happy dass nun Mama mit Baby vereint betreut wurden. Papa war auch überglücklich und ging nach Hause.

Und nun kommt der eigentliche Hammer !:

Mama ruft Papa zwei Stunden später an: „ heul, heul, die haben gesagt ich muss mein Baby wieder ins Kinderkrankenhaus geben, bitte komm schnell vorbei!!“ Papa kommt sofort:„ Guten Tag, sie haben die Kinderklinik gegen den ärztlichen Rat des Stationsarztes verlassen und sind nun hier. Wir können und wollen die Verantwortung nicht übernehmen. Bitte unterschreiben sie nun dass sie damit einverstanden sind, dass ihr Sohn nach Baden-Baden in die Kinderklinik gebracht wird! Wenn sie dazu nicht bereit sind so müssen wir die Mama ebenfalls aus unserer Klinik ausweisen ! “

(toll!) , o. k. dann gehen wir alle ! - gut, ich kann Sie nicht daran hindern, wenn Sie meinen dass das richtig ist, aber bedenken Sie, Sie gehen gegen ärztlichen Rat ! “ Nachdem Papa dann die Papiere bekommen hatte ging er mit Mama und mir aus dem komischen Krankenhaus.

So und nun wird’s richtig kompliziert und unglaublich:

Papa Mama und Baby fuhren nach Hause. Solange sich Papa und Mama Gedanken machten von welchem neutralen Arzt sie sich jetzt wohl ein Urteil über meinen „kranken“ Gesundheitszustand machen lassen könnten lief der Aparatschik Deutschlands an, wie wir später erfuhren. Nachdem Mama und Papa noch ein paar Dinge für mich zu Hause mitgenommen haben, und Papa noch um einen Doktor für mich besorgt umher telefoniert hatte war letztlich klar, wir sind willkommen bei Dr. Fahnenstich in der Kinderklinik Wissembourg in Frankreich. Also fuhren wir sofort los, na das war´s, bei Nacht und Nebel als wir die grüne grenze nach Frankreich passierten (ich hatte ja noch keinen Pass, war ja erst 35 Stunden alt, war also schon ein kleiner illegaler Grenzgänger . ;-) Dann wurden wir in der Kinderklinik Wissembourg wie selbstverständlich aufgenommen. Die ersten Untersuchungen bestätigten dass mit mir alles klar war, nur meine Haut war von dem stundenlangen liegen unter der Wärmelampe im Kinderkrankenhaus Karlsruhe sehr geschädigt (getrocknet grau und wie Pergament),doch sonst waren wir alle sehr glücklich. Nun bekam Papa eine Anruf übers Handy von seinem Freund dass er und Mama in Germany bundesweit zur Fahndung ausgeschrieben sind. Papa sagte Ihm: „ Ruf Sie an und sag Ihnen das mit unserem Baby, der Mama und mir alles klar ist! Paar Tage später hatten wir dann mitgekriegt was hier in Germany abging:

Kurz nach dem wir das Diakonissen verlassen hatten waren wir wohl gesucht worden ( innerhalb 10 Minuten brach der absolute Stress im Diakonissen aus, es wurden gleich nach unserer Abwesenheit das Jugendamt und die Polizei über unsere Abreise verständigt. Das Gericht entmündigte Papa und Mama sofort. Papa und Mama wurden offiziell zur Fahndung ausgeschrieben mit allen Konsequenzen. Alle Grenzposten wurden informiert. Babys Opa in Polen wurde in der ganzen Stadt gesucht und von deutschen und polnischen Polizisten verhört. Er bekam fast einen Herzinfarkt vor Aufregung. Alle unsere Freunde und Bekannte wurden aufgesucht . Man erzählte, dass Mama und Papa mit ihrem wenige Stunden alten Säugling auf der Flucht sind, das Kind hätte einen schweren Herzfehler und ohne ärztliche Hilfe wäre die Überlebenschance max. 10 Stunden. Es wurden alle Menschen in Deutschland die den gleichen Nachnamen wie Mama oder Papa haben angerufen und befragt. Im Bekanntenkreis wurde von der Polizei umher telefoniert, „ Man müsse ein Täterprofil erstellen, was wissen Sie über die Flüchtigen, haben sie Schusswaffen oder Sprengstoff haben sie Verbindungen zur kriminellen Szene sind sie drogenabhängig usw... Mehrere Einsatzfahrzeuge kamen zu unserem Haus, es wurde aufgebrochen und gestürmt. Naja, wir lagen alle friedlich gesund und endlich überglücklich in unseren Bettchen im Kinderkrankenhaus Wissembourg. Der Arzt und die Schwestern sind beispiellos in Deutschland. Wie sie die Geschehnisse erfuhren reagierten sie mit einem Lächeln und sagten nur „ ja ja die Deitsche“ !

Fazit:

Die Kosten im Gesundheitswesen laufen uns davon, ich weiß jetzt zum Teil warum:

1. Logistik, statt dass man in einem Krankenhaus welches fast 10 Babys am Tag entbindet einen Kinderarzt und die nötigen Geräte bereithält ruft man einen speziellen Säuglingsnotarztwagen der ja auch 24 Stunden in Bereitschaft steht, an. Der kommt nach 25 Minuten und fährt dann mit tatü - tata durch die halbe Stadt in die Kinderklinik wo man sich sodann freut dass die Bettenauslastung nahe 50% geht. Den Rest füllt man mit gesunden Kindern auf die man ja beobachten muss.

2. Es sollten unsere Medizinstudenten ein Pflichtpraktikum im Ausland absolvieren damit sie die natürlichen Verhaltensweisen von Ärzten und Personal unter normalen (nicht überkanntitelten Bedingungen) erfahren. Bedingt durch den übertriebenen Zulauf der letzten 20 Jahre ins Medizinstudium haben wir eine Ärzteschwemme die nun beschäftigt werden muss. (Statistisch die höchste Ärztedichte pro 1000 Kopf Bevölkerung.) Die Beweggründe Medizin zu studieren in Deutschland sind ja auch nicht mehr die Liebe oder das Interesse zum Beruf selbst, sondern vielmehr das Image und das Ansehen in welchem man als Arzt badet. Entsprechend geltungsbedürftig sind auch die Anwärter dieser Spezies. Kann man in anderen Ländern Prioritäten setzen und investiert das knappe Geld vornämlich in Geräte und Ausrüstung so muss man hierzulande auch gleichzeitig die Räumlichkeiten immer auf höchstem Niveau halten. Sie repräsentieren ja schließlich das Ansehen unserer fortschrittlichen Medizintechnik und unserer Ärzte. Also ich kann nur empfehlen und ich werde es auch selber tun: Unsere nächste Entbindung findet nicht in Germany statt, in Frankreich zum Beispiel zieht man die AOK-Karte genauso selbstverständlich durch den Kartenleser wie hier, nur mit dem Unterschied Hilfe zu bekommen wenn man Hilfe bedarf und nicht wenn der Umsatz stimmen muss.

(zwischenzeitlich zwei weitere gesunde Kinder in Wissembourg entbunden).

P.S. was ich mittlerweile an ähnlichen katastrophalen Fällen geschildert bekommen habe, hätte ich nie gedacht, es würde ein Buch füllen. Selbst der Polizeibeamte der nach ein paar Tagen seinen Bericht für die Staatsanwaltschaft erstellen musste schilderte mir eine Tragödie die er mit seinem Kind in der Kinderklinik Karlsruhe erleben musste.

Karlsruhe den 7.2.03

Sylwia und Martin